Aspekte: Gemeinschaft, Fleiß, Reiselust, Handel des Handelns wegen, Wahrung der Geheimnisse
Pantheon: synkretistisch (wird allgemein als Tochter Hesindes oder Peraines angesehen)
Schöpfungslehre: Los / Sumu
Verbreitung: nur Norbarden (nördliches Aventurien, Bornland), seltener auch Weiden, Tobrien
Weltliche Aufgaben: Segen für Händler, Hilfe für Reisende
Wichtiger Tempel: Festum (es gibt keinen anderen)
Feiertage: Tag des Prüfungsfestes (30. Efferd), Tag der Lichteinbringung (30. Hesinde)
Sternbild: Mokoscha wird in dem Sternhaufen zwischen Ogerkreuz und Schlange erkannt, der "Schwarm" genannt wird.
Beinamen: die Fleißige, die Emsige, die geflügelte Göttin
Heilige Talismane und Artefakte: Phyxis von Festum, Bernsteinreif
Heilige Orte: die von den Immenmüttern gehegten Bienenstöcke der einzelnen Norbarden-Sippen, der Tempel zu Festum
Sinnbilder: "Einer für alle und alle für die Gemeinschaft des Bienenstocks."
Heiliges Tier: Biene
Heilige Farben: Gelb und Schwarz
Heilige Pflanzen: Eberesche, Klee (vor allem vierblättrig), Bedon-Blume
Heiliger Stein: Bernstein — als besonders heilig gelten Bernsteine, in denen Insekten eingeschlossen sind.
Opfergaben: Kerzen aus Bienenwachs, Honig, Honigwein (Met), Süßspeisen aller Art, jeweils ein kleiner Teil einer neu erhandelten Handelsware (Verbrauchsgüter)
Kirchenstruktur: siehe Struktur und Hierarchie des Kultes auf S. 110
Politischer Einfluss: lokal durch einzelne Immenmütter, der Kult strebt nicht nach politischem Einfluss.
Hierarchie innerhalb des Kultes: gering (Die Immenmütter sind nur sich selbst und Mokoscha verantwortlich.)
Toleranz gegenüber Andersgläubigen: hoch ("Jedem das seine und Mokoscha das ihrige.")
Feindbilder: Anbeter finsterer Insektenkulte, Abtrünnige
Lehre des Kultes: "Der Kluge opfert allen Göttern, der Weise aber opfert der Herrin Mokoscha immer zuerst."
Ziele des Kultes: Das Überleben des Volkes, dazu ist jeder Kompromiss recht. Wahrung der Gemeinschaft (des Schwarms) der Gläubigen.
Jenseitsbild: Jeder tätigt einmal seinen letzten Handel. Ist dieser geschlossen, entscheidet er über die Qualität des Nachlebens. Dieses findet an einem Ort statt, an dem Milch und Honig fließen, die Arbeit leicht von der Hand geht und alle der Gottheit nahe sind: dem heiligen Wiesengefilde.
Weltbild: im Allgemeinen das der Zwölfgötter, aber an allem hat Mokoscha irgendwo mitgeholfen oder teilgenommen, und sei es auch nur, weil sie die anderen Götter bei ihren Taten mit ihrem Honig nährte.
Menschenbild: Indem der Mensch ein Teil von etwas wird, findet er zu sich selbst. Ein Mensch allein ist verloren.
Stärkstes Argument: unerschütterlicher Optimismus: "Alles wird gut, denn die Herrin hilft auf jeder Reise."
Lebensinhalte der Gläubigen: Fleiß, Gastfreundschaft für Wanderer als höchstes Gut (ob im Leben oder im Tod), Einsatzbereitschaft des Einzelnen für die Gemeinschaft.
Bild des Glaubens in der Bevölkerung: Vielen, vor allem Süd-Aventuriern, ist Mokoscha nicht bekannt. Im Norden stoßen die Norbarden auf erhebliche Ablehnung, bisweilen sogar Feindseligkeit sei es wegen der Fremdartigkeit des Glaubens oder nur wegen ihrer fast schon unheimlichen Geschäftstüchtigkeit.
Vom Wesen des Glaubens
Lasst euch nicht verwirren von dem, was ihr von den fremden Predigern hört. Denkt von Mokoscha nicht gering und ordnet sie niemandem unter. Die Fremden hören nicht, wenn wir es ihnen erzählen. Viel leicht können sie nur das hören, was sie wollen, und das begreifen, was sie selbst erfahren durften.
Ihre Götter sind so wahrhaftig wie die unsrigen. Jeder, der den wilden Eber jagt, tut gut daran, Firun um Beistand und Ingerimm um eine feste Molokdeschnaja anzuflehen. Denn über die Zeiten ist unsere liebe Göttin wiedergekehrt und zurückgewichen, hat gewartet und sich genährt, abseits der Sphären ihrer Geschwister, denn sie weiß, dass sie den Neid der anderen auf sich ziehen würde, ob ihrer Schönheit, Anmut und Kraft.
Wir schützen ihre kleinsten Kinder, so wie sie uns vor der wilden ersten Zeit schützte. Darum bewahren wir die Bienen und halten ihre Stöcke in Ordnung, denn sie würde nicht wollen, dass den Bienen ein Leid widerfährt. Die Kerzen in unseren Feiern symbolisieren das erwählte Volk der Götter: uns. Und sie zeigen uns ihren Willen. Erlöscht ein Lebenslicht während der heiligen Wandlung des Honigs, dann steht der Tod ins Haus. Erlöschen gar alle, dann wissen wir, dass der alte Feind zurückgekehrt ist und die Welt sich erneut wandelt. Seit wir die Kerzen in Lampen stellen, geht es dem Volk wieder sehr gut.
-Immenmutter Aikulja Elin zu jungen Zibiljas an den heiligen Stöcken der Ugradin
Im Laufe ihrer Geschichte hat sich bei dem Volk der Norbarden eine eigentümliche und in ihrer Art einzigartige Religion herausgebildet. Prinzipiell scheinen die Norbarden zwölfgöttergläubig, dennoch verehren sie in erster Linie ihre Herrin Hesinde, deren Gemahl Ingerimm sowie Phex und Firun. Doch hinzu gesellt sich Mokoscha, der norbardischen Auffassung nach die Tochter Ingerimms und Hesindes. Die Art und Weise der Verehrung ihrer Götter unterscheidet sich jedoch sehr von der typisch mittelreichischen. Es scheint fast, als würde eine norbardische Eigenheit, die Großherzigkeit, auch für ihre Götter gelten. Der Norbarde empfindet seine Götter eher als Verwandte, als geliebte Onkel und Tanten, denen man ebenso Gutes angedeihen lassen sollte wie allen anderen Familienmitgliedern. Die norbardische Religion kennt keine Furcht vor ihren Göttern, denn der Norbarde glaubt tief und fest daran, dass ihm seine Götter nur Gutes wollen. Sie haben ihn so gemacht, dass er nicht gegen ihren Willen verstoßen kann, sondern all seine Taten von den Göttern bestimmt wurden. Und deswegen würde kein Mensch jemals in der Lage sein, die Götter durch seine Handlungen zu überraschen.
Der Norbarde befindet sich stets auf einer symbolischen Reise, auf der Reise seines Lebens. Darum sind auch alle Aspekte seiner Götter auf das Reisen ausgerichtet. Hinzu kommt die norbardische Philosophie des Gebens und Nehmens. Somit wird die Existenz zu einem steten Handel. Ablehnend verhalten sich die Norbarden lediglich gegenüber den Kirchen des Praios, der Rondra und Travia, wenngleich die entsprechenden Götter durchaus ab und an, besonders in Flüchen, Verwendung finden.
Von den Gläubigen und der Gemeinschaft
Die Zibilja
Natürlich muss von Zeit zu Zeit für besseren Einklang mit den Göttern gesorgt werden. Diese Aufgabe übernehmen die weisen Frauen der Sippen, die Zibiljas. Die Zibilja ist die Mittlerin zwischen allen Göttern und den Menschen und übernimmt all die Aufgaben, die das Volk in seiner Spiritualität benötigt. Sie führt Hochzeiten durch, übernimmt die Leitung der zwölfgöttlichen Initiation und die Initiationsrituale für Mannbarkeit und Frauwerdung, bis hin zu Totengedenken und Begräbnisritualen. Ihre wichtigste Aufgabe ist jedoch die Bewahrung und Fortführung des Seffer Manich, der heiligen, oft Jahrhunderte alten Sippenchronik. Diese Chroniken enthalten zudem noch das Wissen über die Rituale der Zibiljas und die Weisungen der Götter an ihr Volk. Die wichtigsten Passagen des Seffer Manich stammen laut Überlieferung direkt von der Göttin Hesinde selbst. Eine besondere Rolle im Sippenleben der Norbarden spielen diejenigen Zibiljas, die sich zu einem besonderen Dienst an der Hesinde-Tochter Mokoscha berufen fühlen. Sobald diese eine würdige Nachfolgerin für sich gefunden haben, verlassen sie ihre Sippen, begeben sich nach Festum in deren einzigen Tempel und lernen dort, eine "Immenmutter" zu werden. Ihre spätere Aufgabe wird es dann sein, fern von ihrer Meschpoche die heiligen Bienenstöcke ihrer Sippe zu behüten. Solange eine Sippe mehrere Immenmütter hat, ziehen diese umher wie Kundschafum das Land nach guten und nutzbringenden Orten für die Sippe zu durchkämmen.
Ursprung und Verfolgung
Der Erwähltheits-Anspruch der Norbarden, zusammen mit ihrer diesbezüglichen Unbelehrbarkeit, hat den Sippen schon so manches Übel beschert. Sie wurden vor allem von Murak- und Hela-Horas aus Tobrien ins Bornland vertrieben, wo sie Schutz bei den Goblins fanden. Später wurden sie vom Theaterorden heimgesucht, anschließend von den Priesterkaisern. Einige Gelehrte nehmen an, dass der Exodus des Volkes aus dem Süden Aventuriens ebenso wegen ihrer Hesinde- und Mokoscha- Verehrung geschah. Das Misstrauen gegenüber den Norbarden und ihren Göttern wuchs im Lauf der Zeit erheblich. In vielen Orten werden ihre Kaleschkas mit Steinen vertrieben, und die Zibiljas müssen nach wie vor die Inquisition des Praios fürchten. Vermutlich aber reicht der Glaube an Mokoscha viel weiter zurück als selbst der Glaube der Ur-Tulamiden. Er ist der letzte Rest einer untergegangenen und längst vergessenen Epoche, die noch weit vor der Zeit der alten Echsen liegen soll.
Sollten heutige, gelehrte Tulamiden unvorbereitet auf ein norbardisches Ritual stoßen, werden sie im tiefsten Innern verspüren, dass hier etwas geschicht, das nicht mehr in diese Welt gehört — etwas, das besser längst vergessen wäre. Doch diese Urangst verblasst, sobald die fröhlichen Norbarden angefangen haben, denjenigen in ihr Herz zu schließen. Zu Fasar soll es eine Gruppe innerhalb der Bannakademie geben, die sich mit den Ritualen und Phänomenen der Mokoscha auseinandersetzt. Die frohe und lebensbejahende Kultur der Norbarden machte über die Jahrhunderte aus einer fremdartigen Gottheit eine Göttin des Lebens und des Glücks. Einige dieser schrecklichen Wurzeln kann der aufmerksame Beobachter aber auch heute noch in den Ritualen und Legenden der Göttin spüren, sowie in den oftmals Individualismus und Selbständigkeit verachtenden Ritualen der Zibiljas.
Norbarden als Geweihte
Jeder Norbarde kann prinzipiell Geweihter jedweder Gottheit werden. Einige Kirchen haben sich aber verstärkt der Norbarden angenommen oder üben einen gewissen Reiz auf sie aus. So ist es beispielsweise für eine Zibilja durchaus vorstellbar, sich zu einer Geweihten der Hesinde weihen zu lassen, um deren Mysterium noch näher zu sein, oder um sich selbst und ihre Sippe vor religiösen Eiferern der Zwölfgötter zu schützen. Die meisten anderen Geweihten unter den Norbarden werden von Männern gestellt.
- Firun: Nicht jeder junge Norbarde ist mit den alten Sitten einverstanden. Manch einer nimmt Reißaus vor den Heiratsplänen der Muhme oder seiner Mutter. Viele davon wandern in die Städte, aber es soll vorkommen, dass diejenigen, die ihr Leben fortan einsam in den Steppen des Nordens fristen, sich in die Gefolgschaft von Firun-Geweihten begeben und später zu dessen Geweihten werden. Firungeweihte Norbarden sind sehr selten bei ihren Sippen anzutreffen, obwohl sie diesen oft tage- und wochenlang folgen und sie dadurch vor viel Übel bewahren.
- Phex: Die Kirche des Phex erkannte schon früh, dass das Volk der Norbarden wie geschaffen für den Listenreichen ist: Ein Volk von Händlern, das es geschafft hat, trotz der allgegenwärtigen Verfolgung und Missbilligung einen solchen Einfluss und eine solche Macht zu erlangen, ist ein gern gesehener Zuwachs für die Kirche. Darum sind stets Prediger des Phex, sei es incognito oder in aller Offenheit, bei den Sippen der Norbarden anzutreffen, um die Lehren des Phex unter das Volk zu streuen. Der ein oder andere Norbarde ist davon solchermalßen ergriffen und hört in sich den Ruf des Herren Phex.
- Nandus und Aves: Der Sohn der Herrin Hesinde und Bringer von Schrift und der Gott der Abenteurer üben beide einen gewissen Einfluss auf die norbardische Männer aus. Denn Nandus lehrt sie das, was ihnen die Zibiljas stets vorenthalten hat (die Schrift und das Sammeln von Wissen), und Aves rechtfertigt das Dasein als Aves-Jünger, als ungebunden reisender Abenteurer. Beide Götter sind von den Zibiljas nicht wohl gelitten, erfahren aber in Wagenburgen stetige Beliebtheit unter jungen Männern.
Sonderformen
Bei manchen Norbardensippen, vor allem bei sesshaft gewordenen, übernimmt Peraine die Aufgabe der Hesinde. Hier bekommt Mokoscha verstärkt den Aspekt der Helferin Peraines und steht für das Blühen und Gedeihen. Ohne die fleißigen Helfer der Göttin Mokoscha, den Bienen, würden keine Pflanzen befruchtet werden können, und somit würde keine Ernte gelingen.
Symbolik des Mokoscha-Glaubens
Wichtigstes Symbol Mokoschas ist die Biene. Die Biene steht für alle Tugenden der Göttin: Fleiß, Arbeitswille, aber auch Selbstaufopferung und Konsequenz. In der Biene und damit in den Bienenvölkern spiegelt sich die norbardische Seele, denn nur in der Gemeinschaft kann der Einzelne wahrhaft Großes erreichen. Die Farben Gelb und Schwarz sind in dieser Kombination den Festgewändern und Immenmüttern vorbehalten. Dennoch trägt keine Zibilja oder Immenmutter die naturgegebene Musterung der Biene auf ihrem Gewand. Ein weiteres Symbol ist die Wabe. Das perfekte Sechseck, das sich auch in vielerlei Ornamentik und der Gestaltung der Schriftzeichen des Alten Alaani wiederfindet, wird als Gleichnis für die Welt und die in ihr wirkenden Prinzipen angesehen.
Der Bienenstock ist das Symbol des Glücks und der Heimat. Die stets umherziehenden Norbarden-Sippen haben nach all den Jahrhunderten des Suchens immer noch eine ihnen innewohnende Sehnsucht nach einer entrückten und verklärten Heimat, die sich weit im Norden befinden soll. Die Göttin selbst wird meist als Biene dargestellt, manchmal aber auch als wundervolle Dame in königlichen Gewändern. Lediglich die Flügel an ihrem Rücken erinnern dann noch an ihre Bienenform.
Ein schwärmender Bienenschwarm ist stets ein Zeichen des Glücks, vereinigt er in sich doch alle Aspekte des Glaubens. In ihm manifestiert sich das Wesen der Göttin. Es gibt Legenden, dass Schwärme den Sippen auf der Suche nach Nahrung und Wasser beistanden oder dass sie über Schurken hergefallen sind, die sich an einsamen Wanderern vergangen haben.
Struktur und Hierarchie des Kultes
Für den Außenstehenden scheint es, als ob es keinerlei Hierarchien innerhalb des Kultes der Mokoscha gäbe. Es verwundert den Norbarden, wenn man von seiner Zibilja und seiner Immenmutter als Priestern im mittelreichischen Sinne spricht. Ebenso verwundert es manchen Mittelreicher, wenn er von den Immenmüttern hört, denn oftmals werden diese mit den in jeder Sippe vorkommenden Zibiljas verwechselt.
Jede norbardische Sippe hat neben ihrer Zibilja, der Bewahrerin des Seffer Manich, eine Immenmutter, die auf eine übergeordnete Weise über die Geschicke der Sippe wacht und für das Wohlwollen Mokoschas sorgt. Die Immenmütter ziehen nicht mit den Sippen umher, sondern hegen und pflegen die heiligen Bienenstöcke der Sippen sowie die Grabhügel und den Mokoscha-Schrein.
Die Ankunft des Kaleschkas bei ihren Bienenstöcken wird stets mit einem ausgiebigen Fest gefeiert. Danach ziehen sich die Zibilja und die Immenmutter in den Schrein zurück, um gemeinsam im Seffer Manich, dem heiligen Buch der Sippe zu lesen. Beide suchen den Rat der Herrin Mokoscha und treten dann wieder vor das Volk, um den Willen der Göttin zu verkünden. Immenschreine sind auch die Orte, an denen Rat gehalten und Recht gesprochen wird. Den spirituellen Vorsitz führt hierbei die Immenmutter, die Entscheidungen trifft die Muhme, die Sippenführerin. Für den Ablauf und das Wissen um das Recht sorgt die Zibilja.
—Segen einer Immenmutter zum Geleit an reisende Händler ihres Volkes, gehört in der Nähe von Rodebrannt
Schwärmt aus in die Welt, meine Kinder. Bringt Nahrung heim ins Nest. Seid freundlich und genügsam. Doch wenn das Feuer naht: Kehrt heim und schützt die Königin!
Der Mokoscha-Dienst
Ein weiteres Merkmal der Mokoscha-Verehrung sind die allgegenwärtigen Tänze. Die einzige musikalische Untermalung hierzu sind schwere tiefe Trommeln, die Tamburka und ein Instrument, das Mauri genannt wird. Das dabei erklingende Geräusch ähnelt dem Summen eines Bienenstockes, und man mag sich an einen Mittelreicher erinnert fühlen, der auf einem Kamm bläst. Wird es von vielen Musikern gleichzeitig gespielt, lässt es jedem Unwissenden die Haare zu Berge stehen, als ob dieser mitten in einem wilden Schwarm von Bienen oder Wespen stünde. In ihrer steten Beobachtung der heiligen Bienenstöcke gelang es den Immenmüttern herauszufinden, wie sich Bienen durch so genannte Bienentänze einander mitteilen. Dadurch erfahren sie vieles von ihren Bienenvölkern. Zumeist geht es zwar um Nahrung und blühende Wiesen, aber auch Gefahren werden so mitgeteilt, beispielsweise das Wirken von pervertiertem Element, worauf die Bienenvölker außerordentlich stark reagieren. Das Ganze geht sogar so weit, dass die Allmutter der Mokoscha in der Lage sein soll, den Willen der Gottheit aus den Tänzen der Bienen zu lesen.
Der Tempel zu Festum
Der einzige feste Tempel des Kultes befindet sich in der bornischen Stadt Festum, in einem Stadtteil, der Neustadt genannt wird. Unmittelbar an ihn grenzt die große Norbarden-Wiese, auf der zu fast jeder Jahreszeit norbardische Wagen und Händler anzutreffen sind.
Der Tempel wird geleitet von der Immenmutter Bite Barvedis, die auch gegenüber den zwölfgöttlichen Kirchen so etwas wie die Hochgeweihte der Mokoscha darstellt. Sie wird von den Sippen respektvoll als Mutter der Immenmütter bezeichnet. In Festum finden sich einmal im Jahr die Immenmütter ein, um über den Weg des Volkes zu sprechen und um gemeinsam ein Fest zu feiern.
Der Tempel ist gänzlich aus Holz errichtet. Wenn keine heiligen Handlungen stattfinden, werden direkt aus dem Tempeltor bester Honig, Met und Meskinnes (Honigbranntwein) sowie duftende Kerzen verkauft, der den dortigen Immenmüttern ein gutes Auskommen beschert. In diesem reich verzierten und üppig eingerichteten Tempel findet sich auch der Hort der Unterweisung des Mokoscha-Kultes. Zur Zeit studieren fünf Immentöchter die Lehre der geflügelten Göttin. Hinter dem Tempel befinden sich die zu einem Sechseck angeordneten heiligen Bienenstöcke des Tempels. Sucht die Allmutter den Rat der Göttin, dann begibt sie sich zwischen diese Stöcke, um zu meditieren und so Visionen zu erhalten. In diesem Tempel wird auch die Heilige Phyxis der Göttin aufbewahrt.
Der Mangel an Tempeln hat dafür gesorgt, dass sich der Glaube der Mokoscha in den letzten Jahrhunderten, abgesehen von Sippenunterschieden innerhalb des norbardischen Volkes, nicht veränderte oder Abweichungen und Reformationen unterlag. Somit ist die Glaubensgemeinschaft der Norbarden wohl eine der konstantesten unter denen der Menschen Aventuriens.
Kirchliche Persönlichkeiten
Die wohl wichtigste und einflussreichste Person des Mokoscha-Kultes steht dem einzigen Mokoscha-Tempel vor, den es auf ganz Dere gibt. Es ist die alte und ehrwürdige Mutter der Immenmütter Bite Barvedis. Ihr Alter ist kaum mehr zu schätzen, irgendwo zwischen 60 und 90 Jahren. Aber der heilige Honig der Göttin hat wohl dafür gesorgt, dass man ihr ihre Jahre nicht anzusehen vermag. Sie ist stets darum bemüht, ihren Glauben mit dem der Zwölfgötter in Frieden zu halten, denn hitzköpfige Zibiljas neigen ab und an dazu, Prediger des Praios aus ihren Wagenburgen zu treiben, wenn diese (aus ihrer Sicht) das Gastrecht verletzen. Dann ist die Immenmutter von Festum meist diejenige, die wieder schlichtend einzugreifen hat, so dass die Praios-Kirche keinen Anstoß an dem kleinen Kult nehmen mag. Bite ist zudem eine Geweihte der Hesinde, die jedoch vom Dienst in Hesindes Tempel des Wissens in Festum freigestellt ist.
Heilige Artefakte und Talismane
Die Phyxis von Festum
Im Tempel zu Festum steht die heilige Phyxis der Mokoscha. In ihr wird der Nektar gesammelt, mit dem die Königinnen der Bienenstöcke des Tempels versorgt werden. Die Wirkung dieses Honigs soll je nach Anwendung unterschiedlich sein. Manchmal scheint er Heilkraft zu besitzen, ein andermal verleiht er langes Leben. Es geht die Legende, dass vor einiger Zeit einige Diebe die Phyxis entwendet haben sollen. Die Leichen dieser Diebe seien wenig später aufgefunden worden: über und über mit Insektenstichen bedeckt. Die Phyxis hingegen habe wieder an ihrem Platz gestanden, als sei nichts geschehen. Das kunstvoll verzierte Gefäß ist aus einem fremdartigen Horn oder schwarzem Elfenbein gefertigt und mit fremdartigen Ornamenten verziert.
Der Bernsteinreif
Ein legendäres Artefakt der Mokoscha ist der Bernsteinreif: ein Stirnreif, in den in gleichmäßigen Abständen sechs Bernsteine eingelassen sind. Angeblich können Auserwählte der Göttin mit seiner Hilfe den Insekten gebieten.
Priesterin des Schwarms: Die Immenmutter
Zibiljas und Immenmütter gelten als die Geweihtschaft der Göttin Mokoscha. Es ist ihnen jedoch nicht möglich, Mirakel oder Liturgien zu wirken (außer natürlich sie haben sich gleichzeitig einer anderen Gottheit geweiht, etwa der Hesinde). Die Fähigkeiten der Immenmütter basieren auf den Ritualen der Zibiljas (siehe ZdH).
Ihre meiste Zeit verbringt die Immenmutter damit, die heiligen Bienenstöcke und die Grabhügel ihrer Sippe zu pflegen. Der Drang, auf Abenteuer auszuziehen, ist ihr fremd. Ihre Fertigkeiten entsprechen denen einer erfahrenen Zibilja, die zusätzlichen Respekt durch ihre Funktion als Immenmutter genießt. In dem stets bei den Mokoscha-Schreinen aufbewahrten Seffer Manuich der Immenmutter kann es aber das ein oder andere Ritual geben, das weit über die einfachen Rituale der Zibiljas hinausgeht.
Die Immenmütter tragen die übliche Gewandung der Norbarden: sorgsam und aufwendig gefertigte Kleidung aus Samtleder mit wertvollem Pelzbesatz und den obligatorischen norbardischen Riesemantel, alles aufwendig bestickt. Der Mantel kann gewendet werden, schützt so auf der einen Seite hervorragend gegen die wilde Natur des Nordens und dient auf der anderen Seite als religiöses Zeremonial-Gewand in den Farben der Göttin.
Um die Verbundenheit mit der Göttin auszudrücken, tragen viele Immenmütter wundervolle und auffällige Körperbilder, wobei viele Motive sich langjährig sind – es kommen aber auch andere Zeichen und sogar Auszüge aus dem Seffer Manuich vor. Der breit ausgearbeitete Scheitel zwischen dem lang herabhängenden Haar ist ebenfalls überwiegend mit Schlangenornamenten oder Wabenmotiven verziert.
Sollte eine Immenmutter ihre Bienen verteidigen müssen, greift sie zu ihrem Wanderstab oder der Molokdeschnaja. Wenn sie um ihr eigenes Leben kämpfen muss, setzt sie aber auch ohne zu zögern den Stachel Mokoschas ein: einen langen, schmalen Dolch, ähnlich einem Borneodorn, der mit einer Essenz aus Hornissen- oder Wespengift getränkt wurde.