Die Mehrheit der alteingesessenen Rivaner betet zu den Zwölfgöttern, man ist götterfürchtig, aber nicht frömmelnd, folgt ihren Geboten, aber nicht dogmatisch. Das enge Zusammenleben mit den Nivesen, die stete Begegnung mit Angehörigen fremder Völker, die Weltoffenheit, die für eine prosperierende Handelsstadt Pflicht ist, macht Riva zu einer in Glaubensdingen toleranten Stadt. Sofern man nicht zu einem der Erzbösen betet, schert es niemanden, woran jemand glaubt, Hauptsache, man stört nicht die öffentliche Ruhe und steht dem Geschäft nicht im Weg. Diese Nüchternheit führt unter sehr frommen Besuchern immer wieder zu Befremden, etwas dem die Rivaner wiederum mit großer Gelassenheit begegnen.
Wie es sich für eine Kaufmannsstadt gehört, gebührt Phex die größte Verehrung, er ist der Patron der Stadt und wacht über ihren Wohlstand. Längst nicht alle zwölfgöttlichen Geschwister konnten allerdings in Riva Fuß fassen. So sucht man vergeblich einen Tempel der Peraine, die Bauern haben in Travia ihre Schutzgöttin gefunden. Insbesondere Phex steht in Riva für viele Aspekte, die andernorts anderen Götter zugeordnet werden. So beten nicht nur die Händler und Diebe zu ihm, er gilt auch den Handwerkern als Segensbringer. Seine Redlichkeit und Gesetzestreue beschwört ein Rivaner ebenfalls bei Phex, denn hier steht der Fuchsgott vornehmlich für einen guten und gerechten Handel, für Aufrichtigkeit und Verlässlichkeit, die Tugenden eines Händlers. Dass dennoch unter dem Zeichen des Fuchses betrogen, getäuscht und übervorteilt wird, ist eine andere Sache, um die es indes in den Landen, in denen Praios über die Wahrhaftigkeit wacht, auch nicht unbedingt zum besseren steht. Efferd kommt naturgemäß in einer Hafenstadt ebenfalls eine große Bedeutung zu und auch Firun hat seine feste Anhängerschaft.
Die wirtschaftliche Krise geht allerdings auch an den Tempeln nicht spurlos vorbei. Von Phex und Efferd einmal abgesehen, sind die Abgaben und Spenden merklich gesunken. Die Folgen sind erheblich. Nicht nur, dass es dem Travia-Tempel immer schwerer fällt, der wachsenden Zahl von Bedürftigen beizustehen. Die Neugründung eines Nandus-Tempels, ein ehrgeiziges Projekt, ist beispielsweise aus Geldmangel gescheitert, (siehe Seite 166), 1032 BF verließ der Geweihte resigniert die Stadt.
Noch ärger hat es jedoch den Rahja-Tempel (4) getroffen. Ohnehin von vielen Bürgern misstrauisch beäugt oder geflissentlich ignoriert, befanden sich die Geweihten im ewigem Zank, ob man der Teshkaler oder der Tiefhusener Ausrichtung folgen solle, um dem Kult zu Aufschwung zu verhelfen. Unter dem Streit litt auch die Fähigkeit der Geweihten, Besuchern die heilige Freude zu spenden. Als ein Hochwasser den Nurlabach so stark anschwellen ließ, dass Tempelgebäude und Garten in arge Mitleidenschaft gezogen wurden, nahmen die Geweihten dies als ein Zeichen. Sie überließen das Haus der Göttin seinem Schicksal und kehrten in ihre Heimattempel zurück, um dort um Einkehr und Erleuchtung zu beten, um vielleicht eines Tages nach Riva zurückzukehren.
Da überrascht es, dass ausgerechnet die wankelmütige Tsa einen festen Platz in der Stadt gefunden hat. Aber in Zeiten des Wandels hoffen viele auf Neubeginn und gerade die Neubürger der Stadt finden Zuversicht im Wirken der Geweihten.
Allerdings ist es nicht nur Tsa, zu der sie beten. Etliche unter ihnen folgen der schattenhaften Seite des Phex-Kultes und pflegen gar eine Anbetung des Diebesgottes, die Puristen kaum als phexgefällig bezeichnen würden. Sie suchen seinen Segen für Schurkereien aller Art, für skrupellosen Betrug, für Meuchelmord gar.
Nicht zuletzt finden sich gerade unter den vom Schicksal Betrogenen solche, die ihren Glauben verloren haben, die zweifeln, hadern oder gar abschwören. Längst nicht alle stehen Einflüsterungen der Feinde der Götter offen, jedoch sind Zweifel ein tückisches Gewächs, das schnell wuchert und sich verbreitet.
Ob der Kor-Geweihte plant, einen Schrein für seinen Gott zu errichten, ist ungewiss.
Neben den Zwölfgötterglauben sind es die Nivesen mit ihrem Glauben an die Himmelswölfe und die Geister der Ahnen, die die größte Gruppe ausmachen. Sie pflegen ihn, so wie die Thorwaler und Norbarden allerdings auf ihre ganz eigene Art und abgeschieden von den anderen Bürgern.