+

Vor den Toren der Stadt

Nivesische Kultstätte Nivilaukaju

Die Nivilaukaja ist eine nivesische Kultstätte nordöstlich der Stadt. Auf einer von dichten Tannen umstandenen Lichtung steht die Statue einer knienden Frau: ihr Gesicht drückt Fassungslosigkeit aus, die Augen sind vor Schreck geweitet und blicken ängstlich nach oben, während die Arme zur Abwehr emporgereckt sind.

Eine traurige Legende verbindet sich mit dem Heiligtum: Einst sandte Gorfang, der Himmelswolf, in einer Neumondnacht seine Tochter Liska hinab zu den Menschen, um zu schauen, ob diese aus der Strafe, die ihnen die Himmelswölfe zu Anbeginn der Zeit geschickt hatten, gelernt hätten. Liska fand Gefallen an einem schönen, jungen Jäger und wollte sich mit ihm in Liebe vereinen. Doch Nivilaukaju, des Jägers eifersüchtige Braut, schlich dem Jüngling nach. Hass erfüllte sie, als sie ihren Liebsten mit Liska im Liebesakt vereint sah. Sie schlich sich heran und erstach ihn hinterrücks. Todwund brach er in Liskas Armen zusammen, so tief war die Klinge in seinen Leib gedrungen, dass sie noch Liskas Haut ritzte. Gorfangs Tochter aber war außer sich vor Trauer und Zorn. Ihr Grollen klang tiefer als der Donner und Nivilaukuja erkannte, mit wem sie es zu tun hatte. Flehentlich sank sie auf die Knie und hob die Hände. Doch die Reue kam zu spät, als Liskas Blick aus gelben Augen sie traf, erstarrte das Mädchen zu Stein. Liskas Rachedurst aber war noch nicht bezähmt, voller Wut suchte sie nach weiteren Opfern. Doch bevor ihr Blick Nivilaukujas Sippe treffen konnte, zeigte sich die schmale Sichel des jungen Mondes am Firmament zurück und Gorfangs Tochter musste zu ihm zurückkehren.

Bis heute kommen die Nivesen hierher, um an Nivilaukajus Unbedachtheit zu denken. Die in Riva lebenden Nivesen bringen den Himmelswölfen an jedem Neumond ein Karen dar, um Liska zu besänftigen.

Werft (31)

Kvillabwärts auf dem linksseitigen Ufer liegt die Schiffswerft von Gudjem Hartreim. Er leitet die Werft erst seit kurzem, nachdem sein Vater im letzten Winter verstorben ist. Für die Werft, die kurz vor dem Ruin stand, war dieser Schicksalsschlag die einzige Aussicht auf Rettung. Irgendjemand hatte dem alten Fritjoff den Floh ins Ohr gesetzt, die Werft zu erweitern, um künftig auch große Koggen und Holken zu bauen. Die Warnungen seiner Freunde, dass das nichts werden könne, wo es doch weit und breit kein geeignetes Holz gäbe, schlug er in den Wind, Spötter verlachte er und schalt sie Neidhammel. Er war durch nichts von der seiner Idee abzubringen. Er investierte seine Ersparnisse, warb Schiffszimmerleute aus Nostria an und legte kühn zwei große Schiffe auf Helling. Es kam, wie es kommen musste: Geeignetes Holz herbeischaffen zu lassen, war teuer, die Rücklagen der Werft schmolzen dahin. Kurz bevor er die Werft auch noch verpfänden konnte, nahm Boron Fritjoff gnädig jäh zu sich.

Sein Sohn, der auf einer Havener Werft gearbeitet hatte, kam in die Heimat zurück, um sein trauriges Erbe anzutreten. Er entließ den Großteil der Leute und beschränkt sich wieder auf das, was man in all den Jahren zuvor erfolgreich gemacht hatte: Schiffsreparaturen und den Bau von kleinen Booten und Flusskähnen.

Große Felsen im Wasser vor der Werft verhindern, dass sich der Schlamm des Kvill hier ablagert, weshalb es hier eine ausreichende Wassertiefe für größere Schiffe gibt. Deshalb gehören zur Werft auch die Liegeplätze für die Schiffe, die hier überwintern. Mit Seilzügen können sie aufs sichere Land gezogen werden.

Totenanger

Etwa eine Viertelstunde Fußwegs südlich des Gewerkehoops liegt der Boronanger Rivas. Das Gelände ist feucht und schlammig, und viele Fremde rümpfen die Nase, angesichts der scheinbaren Gleichgültigkeit der Rivaner, ihre Toten im Sumpf zu versenken, und sie nicht von Boron-Geweihten bestatten zu lassen.

Immanfeld

Die Stadt verfügt schon lange über ein Immanspielfeld und mehrere Immanmannschaften. Jedes Viertel, selbst Aelderfried, hat eine eigene Mannschaft, die sich untereinander von Frühling bis Herbst einen erbitterten Wettstreit liefern. Die Runde wird durch die Mannschaft der Thorfinn-Ottajasko ergänzt. Wer aus den Spielen als Sieger hervorgeht, darf sich Stadtmeister nennen. In den letzten Jahren haben die Wetten auf diese Spiele in eklatanter Weise zugenommen.

Die besten Spieler aller Mannschaften bilden die auch über die Region hinaus bekannte Mannschaft Mammut Riva, die früher sogar schon an der Meisterschaft um den Kaiser-Reto-Pokal teilgenommen hat.

Das Stoerrebrandt-Kolleg zu Riva (33)

Gegründet wurde das Institut 1008 BF durch den bornischen Handelsmagnaten Stover Regolan Stoerrebrandt, der sich eine Akademie wünschte, die Magier ausbildete, die für die Belange eines großen Handelshauses vortrefflich eigneten. Die Akademie ist in einem Gutshof gut eine Meile nordöstlich der Stadt untergebracht. Der zweiflügelige Hof mit dem langgestreckten Haupthaus bietet Platz für rund sechzig Schüler, ihre Lehrer und einen Stab aus Bibliothekaren, Kräuterkundigen, Akademiedienern und Gesinde.

Außerdem hat der Orden der Grauen Stäbe vor anderthalb Jahren hier ebenfalls sein Domizil genommen.

Die noch junge Akademie hat im Wettstreit mit alteingesessenen Akademien zu kämpfen, gesteht man den “traditionslosen Krämermagiern” doch auf dem Gebiet der magischen Forschung keine sonderlichen Leistungen zu. Zudem haftet den Rivanern der Ruf von Hinterwäldlern und nicht zuletzt von Lohnzauberern an.

Die Akademieleiterin, Najescha Stoerrebrandt-Borsow (siehe Seite 166), scheint kaum geeignet, die wissenschaftlichen Vorbehalte gegenüber ihrem Institut auszuräumen. Vermutlich legt sie – anders als ihr Vorgänger – darauf auch gar keinen besonderen Wert, denn Sinn und Ziel der Rivaner Akademie ist es nicht, hervorragende Theoretiker und Forscher heranzubilden, sondern Praktiker, die vor allem eins sind: fähig, ihre verantwortungsvolle Aufgabe als Geleitschutz zu meistern und ihren Gebietern nützliche Unterstützung zu bieten. Najescha sieht sich weniger als Hüterin von Forschung und Wissen, sondern als pragmatische Lenkerin der Geschicke der Akademie, die vor allem durch die Fähigkeit glänzt, herausragende Talente zu erkennen und für die Akademie zu gewinnen, und dafür zu sorgen, dass das Institut finanzkräftig und einflussreich genug bleibt. Was einem in Riva an Wissen fehlt, kauft man sich durch gutes Gold, statt Jahrzehnte in Studierstuben darauf zu verwenden, die Variation einer Formel zu manifestieren.

In ihren Spezialgebieten ist Najescha durchaus eine Könnerin, vor allem aber verfügt sie über eines: die Fähigkeit, Zuverlässigkeit und Tauglichkeit eines neuen Zöglings oder Lehrers sicher zu bewerten. Man will es sich in Riva nicht leisten, erfolglos jahrelang in die Ausbildung eines Scholaren zu investieren.

Die Abgänger des Kollegs gelten als zuverlässig und bestens für ihre Aufgaben gerüstet. Verschwiegenheit ist ihre oberste Zier, Pflichtbewusstsein ihr zweiter Vorname. Kein Zögling, der nicht sofort eine Anstellung findet – ohnedies studieren hier viele, deren Ausbildung von einem Gönner finanziert wird, dem das Stipendium durch späteren Dienst vergolten wird. Zwar wird allen Absolventen ein – hoher – Standard vermittelt, um aber darüber hinaus Fertigkeiten zu erwerben, bedarf es zusätzlicher finanzieller Mittel, denn die Lehrer lassen sich ihre außerordentlichen Dienste bezahlen. Wer es sich leisten kann, verlängert seine Studienzeit um ein oder zwei Jahre, für weiterführende Studien. Manche Zusatzkurse werden allein für die Tüchtigsten angeboten, so dass ein gewisser Wettstreit zwischen den Scholaren herrscht, wie überhaupt Konkurrenz und Wettbewerb den Geist der Schule befruchten.

Es zählt zu den Gepflogenheiten, in keinem Jahr mehr als phexgefällige neun Eleven aufzunehmen, allerdings wird diese Sollzahl nur in wenigen Jahrgängen erreicht: Auf Stand und Herkunft der Schüler wird nur bedingt geachtet. Im Gegenteil, ein Eleve ohne familiäre Verpflichtungen schenkt seinem Auftraggeber eher die alleinige Loyalität. Es zählen vor allem das arkane Können und die Fähigkeit, sich gekonnt im Umfeld seines Arbeitgebers zu bewegen. Daraus resultierend werden die Rivaner Magier im horasischen und mittelreichischen Adel mit Skepsis betrachtet, zu bürgerlich und merkantil geprägt ist vielen ihre Erziehung.

Die Schule profitiert davon, dass das Unternehmen des Stifters aventurienweit agiert, so stellt die Beschaffung exotischer alchimischer Zutaten für gewöhnlich ein weit geringeres Problem dar als andernorts. Sieben Magister gehören fest zum Kollegium der Akademie, ergänzt durch saisonale Gastlehrer*.

* Es dauerte Stover Regolan Stoerrebrandt übrigens nicht wenig, dass sein Blutsverwandter Melwyn Stoerrebrandt jede Bitte, als Gastlehrer tätig zu werden, abschlägig beschieden hat. Ein kaiserlicher Erster Hofmagier und Berater der Krone wäre genau das Aushängeschild gewesen, das sich der Gründer des Kollegs gewünscht hätte.

Auch für Spielermagier (Weiß- und Graumagier, Schwarzmagier und Gildenlose nur in Ausnahmefällen und mit Empfehlungsschreiben des Gildenrats) bietet das Kolleg die Option, für einige Zeit dort zu unterrichten.

Nicht alle Lehrer sind magisch begabt. Der Unterricht in Sprachen, Geographie, Diplomatie und anderen, für einen magischen Leibwächter nützlichen Kenntnissen, wird durch gewöhnliche Gelehrte erteilt. Als Spezialist für Kaufmännisches, ein insbesondere bei den jüngeren Schülern wenig beliebter Unterricht, fungiert Kolja Swintkoop (geb. 969 BF., 1,70, volles, weißes Haar, spitze Nase, lebhafte dunkle Augen, Fistelstimme), ein altgedienter Kontorleiter der Stoerrebrandts.

Bei den Schülern beliebt ist Titina Wiesling. Die zwergenwüchsige Bibliothekarin (979 BF, 1,36, lange, ergraute Haare, rundlich, immer gutgelaunt, Zwicker), ist für ihre mütterliche Freundlichkeit bekannt. Für aufgeregte Prüflinge hat sie ebenso ein offenes Ohr, wie für heimwehkranke Neuschüler oder wenn der erste Liebeskummer drückt.

Nur wenn sich ein Schüler erdreistet, nicht pfleglich mit den wertvollen Büchern umzugehen, zeigt Titina, dass sie auch Haare auf den Zähnen haben kann.

Obwohl Najescha Stoerrebrandt-Borsow bereits seit einer Dekade der Akademie vorsteht, haben sich längst noch nicht alle der älteren Lehrer damit abgefunden, dass eine “krämerische Dilettantin” über ihre Geschicke befiehlt. Zu ihren Intimfeinden gehört Magister Magnus Rhayano Medellis (980 BF, 1,64, silbergesträhntes schwarzes Haar, gestutzter Vollbart, dunkelhäutig, streng), Absolvent der Halle der Erleuchtung zu Al’Anfa. Dieser begnügt sich jedoch damit, die Akademieleiterin in gelehrten Diskussionen schlecht dastehen zu lassen und damit ihre Autorität auch unter den Schülern zu untergraben. Weit gefährlicher für Najescha sind die heimlichen Umtriebe des Magisters Weishardt Vierlinden (984 BF, 1,82, grauer Haarkranz, untersetzt, freundliches Lächeln, bei den Schülern beliebt), eines Greifenfurters, der – hätte nicht Stoerrebrandt rechtzeitig sein Talent erkannt und ihm das Studium in Andergast ermöglicht, vermutlich von der Praios-Kirche purgiert oder ein Dasein als Dilettant gefristet hätte. Für den versierten Magier und begnadeten Lehrer war es keine Frage, dass er Najeschas Vorgängerin nachfolgen würde, weshalb Stoerrebrandts Ablehnung seines Ersuchens ihn schwer getroffen hat. Vierlindens neiderfüllter Zorn ist zu Verbitterung geworden, er macht seiner Collega das Leben schwer, wo es nur geht.

Einfluss der Akademie in der Stadt

Obwohl man vor den Toren der Stadt residiert und keinen Sitz im Rat der Stadt hat, nehmen die Magier indirekt Einfluss auf die Geschicke der Stadt. Die Kaufleute wollen es in der Regel nicht darauf ankommen lassen, dass ihnen das Kolleg künftig die Unterstützung – beispielsweise als magische Bedeckung eines Handelszugs – verwehrt.

Allerdings ist das Monopol der Akademie nicht länger unangefochten. Mit dem Sternenregen kommen immer mehr Zauberkundige in diesen abgelegenen Zipfel Aventuriens, die auf der Suche nach Artefakten sind und ebenfalls ihre Dienste feilbieten – nicht selten zu günstigeren Preisen und mit geringeren moralischen Ansprüchen.

Mit den magischen Funden im Moor kommt den Kollegmitgliedern allerdings auch neue Bedeutung zu. Wer sonst, außer einem Magier könnte zweifelsfrei beurteilen ob und wie wertvoll oder gefährlich ein Fund ist. Außerdem gehört die Akademie zu den eifrigsten Aufkäufern von Fundstücken.

Thorfinn-Ottajasko (32)

  • Stärke: 180 Thorwaler, 3 Langschiffe, 1 Knorr
  • Hetmann: Garsvir der Brecher

In den Sommermonaten befindet sich mindestens ein Langschiff auf Heer-/Handelsfahrt.

Angestachelt durch den Erfolg der Ingibjara-Ottajasko bei der Besetzung Enquis erhoffte sich Garsvir Der Brecher Holgardsson mit seiner Thorfinn-Ottajasko aus Wardby einen noch spektakuläreren Erfolg. Er beschloss, zusammen mit der Guddir-Sippe Riva zu erobern. Um seiner Siegeszuversicht Ausdruck zu verleihen, ließ er beim Aufbruch seine alte Ottaskin niederbrennen und nahm alles bewegliche Gut mit. 1011 BF erschienen die Schiffe der Thorwaler vor Riva. Doch es sollte anders kommen, als gedacht. Garsvir musste erkennen, dass die Stadt weit wehrhafter war als angenommen. Dennoch gab es kein Zurück. Doch auch die Rivaner hatten viel zu verlieren. Man fürchtete zu Recht, dass die Thorwaler ihnen den Roten Hahn aufs Dach setzen würden, mit unabsehbaren Folgen. Bevor es zum entscheidenden Kampf kommen sollte, bot ein Parlamentär des Stoerrebrandt- Kontors Garsvir Geld und Land, dafür, dass er die Stadt verschone und künftig mit seinen Rekkern für Riva kämpfe. Nur einen Haken hatte der Handel: Man wolle nur eine Thorwaler Sippe dulden, nicht aber beide. Garsvir überlegte nicht lange und brach den Bund mit der Guddir-Sippe. Es kam zum Kampf, in der die Ottajasko obsiegte.

Die überlebenden Guddirer, die sich nach Varmur flüchten konnten, schworen ewige Rache. Garsvir und seine Leute erbauten vor der Stadt ihre neue Ottaskin. Treu erfüllten sie ihre Waffenpflicht, die sie dem Stoerrebrandt-Kontor geschworen hatten, bekämpften Gloranas Schergen, hielten andere Thorwaler von Dummheiten ab und richteten sich in ihrer neuen Heimat ein und übernahmen gar einige Sitten der Rivaner.

Nach einigen Jahren regte sich Unmut unter Garsvirs Leuten, die es nicht länger dulden wollten, dass Walfänger in Riva nach Belieben ein- und auslaufen konnten. Insbesondere jüngere Rekker kleideten sich wieder betont thorwalsch und bekannten sich demonstrativ zum alten thorwalschen Glauben. Händel zwischen Rivanern und Thorwalern nahmen zu. Dennoch wusste Garsvir die Mehrheit der Ottajasko hinter sich, denn der Handel mit der Stadt hatte ihnen Wohlstand beschert. Zwietracht vergiftete fortan das Leben in der Ottajasko. Aber Garsvir wäre nicht so lange schon Hetmann, wenn er solche Schwierigkeiten nicht zu meistern wüsste. Es gelang ihm, der Rivaner Rat davon zu überzeugen, dass es für alle Seiten besser, Walfängern künftig die Einfahrt zu verwehren. Der Rat willigte ein, nicht zuletzt auch deshalb, weil stetig ein Angriff der Thorwaler aus Enqui zu befürchten war, die sich den Kampf gegen die Walfänger auf die Fahnen geschrieben haben. Und auch die aufbegehrenden Thorwaler lenkten – wenngleich auch murrend – ein. Ein Wermutstropfen vergiftet allerdings Garsvirs Triumph: Zwar haben die Rivaner dem offenen Handel mit den Walfängern abgeschworen, das heißt aber nicht, dass einige Rivaner Händler nicht doch Walbein, Tran, Ambra und Walspeck unter den Augen der Thorwaler schmuggeln. Sobald das Ausmaß dieses Schwarzhandels offenkundig wird, dürfte der Streit wieder aufflammen (siehe Seite 166).


Язык: Deutsch | Категория: Beitrag | Дата: 17.05.24 | Просмотров: 131 | Отзывов: 0

Имя*:
E-mail*:
Код*: